Von der Kunst einen Charakter zu erschaffen

Um einen Charakter für Vampire, Werwolf und die meisten anderen Rollenspiele, zu Erschaffen sollte man sich Antwort auf einige Fagen überlegen.
Wenn man sich Gedanken über diese Fragen gemacht hat, verleiht das dem Charakter Tiefe und hilft der Spielleitung einzuschätzen wie sich der Charakter verhalten wird. Die Fragen müssen keinesfalls alle der Spielleitung beantwortet werden, aber man sollte sich wenn man eine Idee für einen Charakter hat, dennoch Gedanken machen, ob nicht noch etwas anderes für sie Entwicklung des Charakters wichtig gewesen sein könnte.

Inhalt:
Die Geburt, die Kindheit und die Erziehung
Das Erwachsenwerden (und das Leben als Erwachsener)
Die erste Verwandlung, die Zeit als Welpe und der Fluch
Das Leben als Garou
Was man sonst noch festlegen sollte !
Tipps und Hinweise
Ich bin ein Monster - Nachwort



Die Geburt, die Kindheit und die Erziehung

Diese Zeit entscheidet fundamental über das spätere Leben eines Menschen. Hier werden die Weichen für das spätere Leben gestellt. Natürlich muss man diese Betrachtungen vor dem historischen und kulturellen Hintergrund machen, in dem der Charakter aufgewachsen sein soll. Wer Charaktere aus fremden Ländern und Kulturkreisen spielen will, sollte sich ein wenig informieren. Oft unterscheidet sich, was man glaubt über eine Kultur zu wissen, deutlich von dem, was man in Sachbüchern nachlesen kann.

Wo wurde der Charakter geboren ?
Welches verhältnis hat er zu seiner Heimat ?
Wer waren die Eltern ?
Wie ist das Verhältnis zu seinen Eltern jetzt ?
Welchem gesellschaftlichen Stand gehörte man an ?
Hatte er/sie Geschwister ?
Gab es weitere Familie (Onkel, Tanten, Cousins...) ?
Hatte er Freunde ?
Was ist aus den Leuten geworden ?
Was waren die prägenden Ereignisse in der Kindheit ?
Wie war die Erziehung ?
Wurde ein Beruf erlernt ?



Das Erwachsenwerden und das Leben als Erwachsener

Je nach dem in welchen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Charakter großgeworden ist, beginnt das Erwachsenwerden früher und endet abrupter (meistens mit der Ersten Verwandlung).
Was sich der Charakter in dieser Zeit aufbaut und erarbeitet hat oder eben nicht erreichte, weil er nie die Chance hatte, ist das was er verliert wenn er die Erste Verwandlung durchmacht. Garou sein ist ein Full-Time-Job, Zeit für persönliche Selbstverwirkichung, das Fortsetzen der Kindheit oder ähnliches ist wenig.
Das ist ein häufig unterschätzter Punkt. Der Werwolf ist ein Monster unter ahnungslosen Opfern eines Krieges, den sie nichtmal sehen, doch der Werwolf war mal so ein Mensch und hatte ein einfacheres Leben, nun jedoch kann er nicht wieder zurück.

Aufgrund der normalerweise in jungen Jahren stattfindenden Ersten Verwandlung, sind die meisten dieser Fragen nicht mehr zu beantworten, da der Charakter einfach nicht lange genug Mensch war.

Welche Arbeit hat der Charakter ergriffen ?
Was wurde aus seinen Eltern und Freunden ?
Welche Ziele hatten der Charakter ? Welche Träume für die Zukunft ?
Welche Ziele konnte er erreichen ?
War er oder sie verliebt oder verheiratet ?
Hatte er oder sie Kinder ?
War er oder sie zufrieden ?



Die erste Verwandlung, die Zeit als Welpe und der Fluch

Zu Erkennen, das man ein Garou ist, ist ein gewaltiger Einschnitt in das Leben des Charakters; Es ist das Ende des normalen Lebens des Charakters. Alles was vorher sein Leben war, ist nun zu Ende und ihm bleibt nur die Erinnerung. Man Verliert damit auch alles, was einem bisher bekannt war, man kommt in die Garou-Gemeinschaft und es wird erwartet, dass man in ihr lebt. Vorerst keine Freund auserhalb der Septe, wenig bis gar kein Kontakt zu den Eltern, das meiste was man besessen hat, liegt noch Zuhause in der Wohnung der Eltern, unerreichbar. Kein abendliches Weggehen ins Kino oder in die Disco.

Wann erlebt man seinen Erste Verwandlung ?
Unter welchen Umständen ?
Welche Personen helfen einem durch diese Zeit ?
Welche Personen beginnen damit den Charakter auszubilden ?
Sind diese Personsn strenger Lehrmeiser oder väterliche/mütterliche Mentoren ?
Und wie verändert das Garousein den Charakter des Cahrakters ?
Wann tötet er das erstemal und unter welchen Umständen ?
Welche Erfahrungen macht er mit der Raserei ?
Was wird aus den Menschen die früher seine Lebensumfeld waren ?
Wie stark vermisst er sein altes Leben ?
Würde der Charakter das Garousein aufgeben, wenn er die Wahl hätte ?



Das Leben als Carou

Und dann stellen sich die Fragen, was der Charakter noch so getan hat.
Bei Cliaths ist das ehr weniger, dennoch gibt es ein paar Fragen.

Wie lange dauerte die Ausbildung ?
Was war die Aufgabe des Ersten Rituses ?
Was hat der Charakter seitdem getan ?
Welchem Rudel schwor er die Treue ? Wenn er keinem Rudel zugehört, warum nicht ? Wie ist das Verhältnis zu seinen Ausbildern und Mentoren heute ?

Außerdem gibt es einige allgemeine Fragen:

Was hält der Charakter von den einzelnen Stämmen ?
Was hält er von den unwissenden Menschen ?
Was hält er von Gewalt ?
Was hält er von Gott ?
(99% aller Menschen (über vier Jahren) kennen das Prinzip "Gott", ca. 77% aller Menschen beten, wenn sie verzweifelt oder in Notlagen sind. Gott ist immer ein Thema.)
Was hält er von der Welt ?



Was man sonst noch festlegen sollte !

Es gibt dann noch ein paar andere Dinge.

Wo wohnt der Charakter, wenn nicht auf den Cearn ?
Was fährt er für einen motorisierten Untersatz, wenn überhaupt ?
was wurde aus seiner menschlichen Identität (polizeilich gesucht, vermisst, für tot gehalten) ?
Woher bekommt er Geld (wenn überhaupt) und Essen ?
Welche Pläne hat er für die Zukunft ?



Tipps und Hinweise

Diese Tipps bezogen sich ursprünglich auf Vampire:The Maskerade und stammen u.a. vom Vampire-Hauptautor Justin Achilli. Sie wurden von Andreas "AAS" Schroth aus dem englischen übersetzt und von Heinrich Krebs auf Werewolf:The Apocalypse angepasst.
1. Spiele niemals ein Mitglied einer Kultur oder Subkultur, die du nicht verstehst, selbst wenn diese gerade im Trend liegt. Ganz BESONDERS nicht wenn diese gerade im Trend ist. Also lieber Hände weg von Roma, Indianern, Kelten... lass es einfach.
2. Stell deinen Charakter nicht anhand der Grundhaltung seines Stammes auf. Sogar Nachfahren hatten eine Familie vor ihrer Ersten Verwandlung. Justin Achille gibt folgenden Tipp: Charaktere sind zuerst Menschen, dann Garou, dann Stammesmitglieder, dann Septenmitglieder. Folge diesem Prinzip.
3. Mache deinen Charakter einzigartig durch seine Persönlichkeit, nicht seine Deko. Ausrüstung, Kräfte(Gifts/Fetische), Stamm oder sonstige äußerlichkeiten definieren den Charakter nicht, sondern sollten sich natürlich aus dem zentralen Konzept des Charakters quasi von alleine ergeben – nicht umgekehrt.
4. Stelle etwas dar, statt es zu erzählen (Show, don’t tell). Dein Charakter soll nicht jedem erst erzählen, dass er früher ein Professor an der Uni war. Die anderen Spieler sollten das auch ohne deine Erzählungen bemerken können.
5. Nach der allgemeinen Erfahrung kann kaum jemand Militär-Charaktere wirklich darstellen. Es ist nichts übles daran, eine Person mit Militärhintergrund zu spielen, aber reduziere den Charakter nicht darauf. Auch Militärs haben Hobbies, Freunde, Interessen. Missbrauche nicht das Label “Militär”, um eine Ausrede für hohe Kampffertigkeiten zu haben (ein Infanterist in der Welt der Dunkelheit z.B. hat gerade mal Nahkampf o, Fernkampf oo oder ooo). Wenn du einen Militärcharakter spielen willst, konzentriere dich auf den Menschen hinter dem Militär und wie sein Beruf sein Denken beeinflusst hat, aber mach ihn nicht zu einem 2D-Abziehbild von einem der Jungs aus Platoon (gilt im übrigen analog auch für Mafia-Charaktere und eigentlich alle gewaltfokussierten Konzepte).
6. Garou mit Militärhintergrund sind immer Ex-Militärs, da sie als Garou nicht im regulären Militär länger tätig sein können (Militärs sind immer aktiv, keine Zeit für Moots, Riten, Angriffe gegen den Wyrm). Dieses im Hinterkopf, ist nicht einzusehen warum ein Militärcharakter leichter als sonst irgendjemand an ein M16 herankommen sollte. Also Abstand vor militärischen Ausrüstungsgegenständen, Militärhintergrund hin oder her.
7. Wenn du einen Charakter aufstellst, beginne beim Menschen. Beschreibe seine Geschichte als Kind, seine Familie, seine Freunde, wie gut er in der Schule war, alles, was du jemandem über dich erzählen würdest, dem du ermöglichen möchtest, eine Vorstellung von deiner Person und Motivation zu bekommen.
8. Erforsche den Hintergrund deines Charakters und lege dir wo nötig Hintergrundwissen zu. Das betrifft sowohl die Zeit, in der der Charakter aufgewachsen ist (was dachten die Menschen damals? Welche sozialen und ethischen Werte- und Moralvorstellungen herrschten?), als auch den Ort und die Kultur, der er entstammt.
9. Du bist, wen du kennst. Hintergrund-Punkte sind nicht nur Flecke auf dem Charakterbogen, es sind Aufhänger für Plots. Deine Aufgabe besteht darin, ein “supporting cast” für deinen Charakter aufzustellen: Familie, Bekannte, Freunde und Kontakte, die zu deinem Charakter passen und ihm ein soziales Umfeld geben, in dem er sich bewegt und das mit ihm interagiert. Versuche dieses Umfeld auch interessant für deine SL zu machen – interessante Geschichten und Verwebungen generieren auch dort weitere Ideen, und je besser und interessanter deine Vorarbeit ist, desto besser wird auch der Plot, den die SL dir damit auf den Leib schneidert.
10. Nicht jeder Malkavianer läuft mit Zwangsjacke herum. Dito mit Teddybär. Nicht jeder Giovanni ist ein Mafioso, nicht jeder Mafioso ist ein Giovanni.
Ich hab das hier mal unverändert gelassen, der Grundgedanke wird klar - Heinrich
11. Dass du Mother's Touch als Startgift hast bedeutet noch lange nicht dass du Medizin ooo/Inteligenz ooooo-Genie bist.
12. Bitte vermeide Trenchcoats.
Bitte vermeide schwarze Trenchcoats.
Bitte vermeide schwarze Trenchcoats und Katanas.
Bitte vermeide schwarze Trenchcoats, Katanas und langes, zum Pferdeschwanz zusammengebundenes Haar.
13. Vermeide Meister fernöstlicher Kampfkunst ohne auch nur den geringsten Punkt in Etikette, Handwerk, Autofahren etc. Meister der Kampfkunst bestehen aus mehr als nur Punkten auf Schleichen, Nahkampf, Ausweichen und Karate.
14. Bitte vermeide “Toughe Konzepte” wie Special Forces, Navy Seals, Profikiller etc. Du wirst dich zu Tode langweilen und veralbert werden. Glaub mir.
15. Eine coole Waffe macht noch keinen coolen Charakter.
16. Kein Charakter hat verwandtschaftliche Verbindungen zu Vampiren, Magiern oder Wechselbälgern.
17. Vermeide die Namen “Duncan”, “MacLeod”, “Blade”, “Lestat”, “Fox”, “Nick”, “Knight”, “Bela”, “Vlad” für deinen Charakter.
18. Wenn du es je wagen solltest, eine dämliche Aktion mit den Worten “Okay, aber ich bin ein Malkavianer / Sabbatianer / Toreador (whatever)” zu entschuldigen, fällt eine brennende Klavierfabrik auf dich.
Ich hab das hier mal unverändert gelassen, der Grundgedanke wird klar - Heinrich
19. Sollte dein Name oder dein Pseudonym eines der folgenden Worte enthalten, fällt dein Charisma und Status auf Null, weil die Leute sich über dich kaputtlachen: “Dark”, “Raven”, “Death”, “Black”, “Mort”, “Blood”, “Star”.
Ich hab das hier mal unverändert gelassen, der Grundgedanke wird klar - Heinrich


Ich bin ein Monster - Basiert lose auf einem Text von Andreas AAS Schroth

Ich bin ein Monster!

Am ein oder anderen Punkt wird es dir – gerade als Welpe – passieren, dass du dich und deinen Charakter als unmächtig und klein erlebst. Dieser Effekt tritt im Spiel leider ab und an auf, und zwar besonders immer dann, wenn gerade kaum Kinfolk und gar keine Menschen gespielt werden.
Wenn du beginnst, deinen Charakter nur innerhalb der Gesellschaft wahrzunehmen, als impotenten Bauern in einem Spiel, als “Nichts-Könner”, vergegenwärtige dir die eigentliche Thematik des Spiels:

Du spielst einen echten WERWOLF.
Du kannst dich VERWANDELN.
Du hast KRäFTE.
Du schlägst einmal zu und TöTEST.
MEIN GOTT!

Was kann den krasser sein, als so ein Wesen zu spielen? Bemiss dich nicht daran, was für heftigere Mächte “da draußen” existieren – das bleibt den Adren und Athros vorbehalten, die bereits seit Jahren als Kämpfer für Gaia tätig sind und sich daran gewöhnt haben. Als Welpe/Cliath aber ist deine Erste Verwandlung praktisch gerade erst passiert – DEIN Bezugs- und Bemessungspunkt ist der MENSCH – und damit das Herz deines Charaktzerkonzeptes.

Wer warst du? Was ist aus dir geworden?


Und DU bist dein eigener Spielleiter. Dein eigener Führer in deine Welt der Dunkelheit. Dein eigener Moderator dieser gigantischen Berg- und Talfahrt aus Charaktergefühlen und -entscheidungen.

Willkommen bei Werewolf!